AG Wir haben genug: Wir wollen unser Geld zurück – um es auszugeben für die Allgemeinheit

Wer hätte es gedacht? In unserem Land klafft die Schere zwischen Arm und Reich weiter auseinander als in den meisten anderen Staaten, sogar als in den USA. Doch unsere Politiker in Deutschland betonen nervös landauf landab, jahrein jahraus, wir dürften den „Standort Deutschland“ nicht gefährden durch höhere Steuern und weniger Vorteile für die Wirtschaft. Damit meinen sie in erster Linie reiche Investoren. Aber wohin wollen diese Großinvestoren denn gehen mit ihren Produktionsstätten, wo sie doch bei uns am meisten Reichtum ansammeln können und es für sie am vorteilhaftesten ist in unserem Land? Steuern bezahlen ist freilich oft noch vorteilhafter, wenn sie ihren Firmensitz in einem anderen Land anmelden, wo es vielleicht gar nichts kostet – und sei es in einer Briefkastenfirma in einem sog. Steuerschlupfloch. In den letzten Jahrzehnten sind poe a poe die Steuerabgaben für sowieso schon superreiche Milliardär*innen und Mehrfachmillionär*innen gesenkt worden.

Staaten können steuern, u.a. durch Steuern.
Politik muss dafür sorgen, dass Gesetze und Bestimmungen Geld in die Staatskasse bringen.
Das ist ihre Aufgabe!

Extrem Reiche arbeiten in der Mehrzahl nichts mehr. Sie „lassen“ ihr Geld arbeiten, wie man so schön sagt. Das tun für sie Banken und Beraterfirmen, die es kurzfristig mal hier mal da in Aktien und sonstigen Wertpapieren und Geschäften an der Börse hin und her schieben, um schnelle Gewinne  einzufahren. Dieses Geld kommt nicht aus der Luft. Es wird anderen weggenommen. Anderen, die wenig Ahnung hatten, wie sich dieses Geld sozusagen (und zwar nur sozusagen) vermehrt und die sich von ihren Bankberatern haben riskante Geldgeschäfte aufschwatzen lassen. Bei der Bank bleibt in jedem Fall etwas davon hängen. Das ist ihr Geschäftsmodell. Sie arbeiten in erster Linie für sich. Da sollte man sich nichts vormachen lassen. Banken leben von Krediten, die sie vergeben von dem bei ihnen eingelagerten Geld und von den Zinsen und vor allem von den Zinseszinsen, die jeweils anfallen im neuen, nun höheren Grundbetrag bei der monatlichen (seltener jährlich) Berechnung oder wenn eine Kreditrate zurückbezahlt ist. Auf diese Weise wird oftmals der ursprünglich ausgeliehene Betrag niemals abgetragen, bezahlt werden immer nur Zinsen und immer wieder Zinsen. Für die Bank ein gutes Geschäft. Kein Grund etwas zu ändern.

Für die Schuldner allerdings eine fatale Angelegenheit. Sie können so ihr  Leben lang monatlich an dieser Schuldenfalle bezahlen. Sollten wir das gerecht finden?

 Gibt es Lösungen?

Angedacht ist manches, von verschiedenen Seiten. Hier 2 Beispiele:

  • Um die Ungerechtigkeit aufzufangen, dem Teufelskreis der Endlosigkeit der Zinssteigerungen und Schulden zu
    entgehen, liefert das alte Geschichtsbuch, die Bibel, eine Idee: Es muss Schuldenerlasse geben! Zwar gibt es auch bei uns die Möglichkeit der Insolvenz. Danach ist ein Neuanfang möglich. Doch das ist die Ausnahme. Ist nicht ein regelmäßiger Schuldenerlass, z.B. wie in Biblischen Zeiten alle 7Jahre, durchdachter und menschengemäßer? Die Kreditgeber würden sich dann vorsehen, wie viel sie ausleihen wollen, wenn sie ihr Geld innerhalb der vorgesehenen 7Jahre zurückhaben wollten und die Wirtschaft könnte sich nicht so aufblähen mit ihrem Wachstumszwang, um ihre Zinsschulden zurückzuzahlen. Ein Zinsgewinn für den Verleiher ist trotzdem garantiert. Nur eben kein sich laufend erhöhender Zinsgewinn.
  • Statt die Einkommen zu besteuern, gäbe es auch die Möglichkeit, in Rohstoffen (Gold, Nickel, Kupfer, seltene Erden…), „praktisch in jedem Element, das in der Erdkruste vorkommt, auch im Meerwassergelöst“,
    einen Reichtum zu erkennen, den man besteuern kann, wenn er entnommen wird. Damit müssten – denn die Erde gehört allen – Wirtschaftsunternehmen bezahlen, was sie der Allgemeinheit nehmen und schulden. Der Verbrauch wäre gewiss geringer und zusätzlich damit ein guter ökologischer Effekt erzielt. (aus: Andreas Eschbach, Eine Billion Dollar, 2023)

 Doch diese Art von Auswegen ist weder in unserem Wirtschaftssystem (Steuerpolitik) noch in unserem Geldsystem (Zinseszinssystem) so vorgesehen, noch angedacht. Dazu müssen die heiklen Systemfragen gestellt werden. Noch steht das herrschende System einseitig auf der Seite der Reichen: Es geht um die Vermehrung des Geldes mithilfe von Krediten
und Zinseszinsen und Steuerreduzierungen. Schulden sind nur für Ärmere ein Problem. Reiche leben in unserem Land ihr Leben sorglos, sorgen vielmehr dafür, dass sie niemals ganz ohne Schulden dastehen, weil sie – dafür ist gesorgt – dann weniger an Steuern abgeben müssen (Steuerschlupflöcher, Briefkastenfirmen, Cum-Ex-Verschiebungen…). Die Regeln sind ungerecht. Unübersehbar. Sie haben trickreich immer mehr Reichtum auf die Seite der sowieso Überreichen gebracht und tun es so immer weiter. Der Staat jammert derweilen scheinheilig über leere Kassen und lässt Krankenhäuser,
Wohnungswesen, Schulen, Bahnsystem, Grundsicherung…, alle unsere sozialen, gemeinschaftlichen Einrichtungen verkommen.

Sollten wir nicht im Namen der Gerechtigkeit mutig fordern:

Wir wollen unser Geld zurück!?

 Damit wir hier so leben können, wie wir es gewohnt sind :

Die Angelegenheit ist jedoch noch komplizierter. Unsere Überlegungen können nicht stehen bleiben dabei, wie wir die Ungleichheiten in unserem Land empfinden. Die Gerechtigkeit in der ganzen Welt muss in den Blick genommen werden. „Dann wird man nämlich sehen, dass gerade die Menschen, die in unserer Gesellschaft schlechter gestellt sind, in einer doppeldeutigen Position sind, denn weltgesellschaftlich gesehen leben sie auf einem Standard, der den weiter Teile der Gesellschaft erheblich überschreitet. Und gleichzeitig sind sie ‚gefangen‘ in Strukturen, die sie von Ausbeutungsverhältnissen in der Welt profitieren lassen. (…) Es ist eben nicht damit getan, dass wir hierzulande zu einer Angleichung von Lebenslagen kommen und dann wäre wieder alles in Ordnung, sondern wir müssen sehen, dass unser Lebensstandard damit zusammenhängt, dass andere dieses Niveau gar nicht erreichen können.
(aus: Stephan Lessenich, Wachstum und Wachstumskritik, attac bildung, 2017)

 Geht’s noch schlimmer?

Im Süden der Welt geht es zu gemäß dem Finanzsystem der reichen westlichen Länder: im Innern der Staaten und zwischen armen und reichen Ländern. Wer nichts hat und essen will oder Saatgut braucht, um für die nächste Ernte vorzusorgen, der leiht sich etwas. Wie Banken und Versicherungen hierzulande den Leuten hinterherlaufen mit wundergleichen Versprechungen, so funktioniert es auch international und überall – oder global, wie es heutzutage heißt. Das System mit seinen Mechanismen ist dasselbe. Auch im staatlichen Handeln. Der Währungsfond (IWF) verspricht leutselig billige Kredite für scheinbar vielversprechende Großprojekte (die dann westliche Investoren für sich gewinnbringend ausführen), obwohl er wissen kann, dass die ärmsten Staaten sie nie werden zurückzahlen können. (siehe Beitrag: AG Wir haben genug: Freihandel – Für wen ist er frei?). Diese Staaten werden gezwungen, das bisschen an Infrastruktur, das sie haben, zu verscherbeln für die Zinszahlungen. Die Schuld nimmt niemals ab. Das Elend vergrößert sich zusehends. Die Schulden bezahlt immer die Bevölkerung, vor allem die Armen, in Form von Verzicht, Einschränkungen, Schuldknechtschaften, Ausverkauf der Infrastruktur. Fast die Hälfte der Erdbevölkerung lebt in Armut. (dazu: ver.di publik 1, 2025,  oxfam.de. kurzlinks. de/nycx)

Nichteinmal mehr traditionelle Landwirtschaft zur Selbstversorgung ist möglich, da dafür der landwirtschaftlich nutzbare Boden in ganzen Regionen auf oft 99 Jahre verpachtet ist (Monokulturen, Landgrabbing), die Erde in Gruben kilometertief umgewühlt und vergiftet wird, wegen der in Industrieländern begehrten Stoffe aus dem Boden (seltene Erden, Erdöl- Fracking…) (siehe Beitrag: AG Wir haben genug – Rückkehr zu einer verantwortungsvollen Landwirtschaft – eine Utopie?). So können sich diese Länder nicht einmal selbst aus ihrer Lage heraushelfen. Der gerechte Zugang zu Gesundheitsversorgung, sauberem Wasser, Schulbildung… bleibt für Menschen der armen Länder vielfach nicht erreichbar. Obwohl es gleichzeitig auch dort reiche Eliten gibt, wirklich verdienen können nur die staatlich gut abgesicherten Investoren aus den reichen Ländern (z.B. deutsche Hermes-Bürgschaften). Sich Gemeinschaftsgut anzueignen, keine Vorschriften einhalten zu wollen/müssen (Umweltauflagen, Arbeitsschutz Mindestlohn, Sozialabgaben…), Boden und Menschen auszubeuten und sich nicht weiter darum zu kümmern, das Land vielmehr in Abhängigkeit, ausgeblutet, verseucht, vermüllt und krank zurücklassen zu können, darum geht es diesen Investoren. Kaum macht man sich in voller Härte klar: Es gibt Menschen, auch Kinder, die unter unerträglichen, sklavengleichen Bedingungen tagtäglich schuften, sich und ihre Familien kaum ernähren können, damit wir hier so leben können, wie wir es gewohnt sind.

 Die Regeln sind ungerecht. Sie haben immer mehr Reichtum auf die Seite von einzelnen Superreichen gebracht – genauso von reichen westlichen Industriestaaten – und tun es immer weiter. Die Schere geht stetig auseinander. Kein Ende in Sicht. Dieser eklatante Unterschied kann doch nicht gerechtfertigt sein! Von Menschen gemachte Regeln können auch von Menschen geändert werden. Die Zeit ist reif für eine Änderung hin zu einem menschengerechteren, fairen
Weg. Auch hier könnte ein regelmäßiger Schuldenerlass oder ein anderes Steuersystem gegensteuern. Oder – damit schnell etwas erreicht werden kann: eine sofortige zusätzliche Einmalzahlung
(Vorschlag von oxfam).

Eine andere Welt ist möglich!